Aus einem Bericht von Jens-Hinrich Pörksen:
Martin Pörksen, mein Vater, wurde 1934 Inspektor und 1936 Direktor der Breklumer Mission in Schleswig-Holstein.
Im Herbst 1933 hatte Bodelschwingh persönlich ihn auf einer Tagung in Barmen davon überzeugt, dass nach Einführung des Arierparagraphen in Berlin eine weitere Zusammenarbeit der Mission mit den Nationalsozialisten unmöglich sei. Er schrieb: "Wer die Judenmission preisgibt, der gibt die Mission preis. Wer den Arierparagraphen für die Mission bejaht, der leugnet das Heil in Christus für alle Menschen."
Die Breklumer Mission war de jure ein selbständiger Verein. Das Landeskirchenamt hatte auf die Breklumer Mission keinen Zugriff. Die Mission besaß einen eigenen Verlag mit Druckerei und Versandbuchhandlung. Die Bekennende Kirche beauftragte deshalb die Breklumer Mission mit der Durchführung von Veranstaltungen der Volksmission in Schleswig-Holstein sowie mit der Herstellung und dem Vertrieb von Schriften zur Auseinandersetzung der Kirche mit der Ideologie des Nationalsozialismus zur Stärkung der Gemeinden.
Die von Breklum herausgegeben Schriften werden von Linck fast vollständig ignoriert. Soviel zu seiner These, dass die Bekennende Kirche in Schleswig-Holstein die Verkündigung der Kirche so gut wie gar nicht beeinflusst habe. Pörksen sah 1935 voraus, dass es nicht gelingen kann, das Landeskirchenamt und den Bischof vom deutschchristlichen Kurs abzubringen. Die Gemeinde muss die Basis der BK werden. Deshalb fuhr er 1935 mit seinen beiden Kollegen Dunker und Feldhusen in Schleswig-Holstein von Gemeinde zu Gemeinde und gründete Freundeskreise der Breklumer Mission. Nach einem Jahr hatten sie eine Namensliste mit Anschriften von über 6.000 Pastoren und Gemeindegliedern in Schleswig-Holstein, die sich bereiterklärten, über die Mission Informationen entgegenzunehmen, weiterzugeben und für die Mission zu spenden. Martin Pörksen hatte die Breklumer Mission mit 40.000 RM Schulden übernommen. Nach dem einen Jahr waren die Schulden auf 17.000 RM gesunken. Die 6.000 Christen blieben in Schleswig-Holstein die aktiven Träger und Unterstützer der bekenntnisorientierten Breklumer Missionsarbeit bis zum Ende des Krieges 1945.
Nun zu Pastor Halfmann Flensburg-St. Marien. Er war neben Professor Kurt Dietrich Schmidt der Theologe und Lehrer in der Bekennenden Kirche. Als Mitglied des Landesbruderrats von Anfang an hielt er auf vielen Tagungen die Andacht und im ganzen Land viele theologische Vorträge. Wester, Kurt Dietrich Schmidt, Treplin und Pörksen gehörten im Landesbruderrat zur sogenannten Dahlemitischen Niemöller-Fraktion - Bielfeldt und Halfmann gehörten zum mehr ausgleichenden, kirchenpolitisch kompromissbereiteren Flügel der BK. Die theologische Ausbildung der Studenten und Vikare war Halfmanns Schwerpunktthema. Halfmann sah voraus, dass die Anstellung der Vikare, die sich der BK anschließen, als Pastoren auf Dauer nur im Einvernehmen mit Landesbischof und Kirchenamt gelöst werden kann.
Propst Diederichsen erinnert sich an "die vielen Theologen einer älteren Generation, die uns Studenten und später Vikaren in den kirchenpolitischen Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit dem 1. und 2. Examen und mit der Ordinationsfrage Berater und Helfer waren ... in erster Linie Pastor Wilhelm Halfmann - später Oberkirchenrat, Präses und Bischof -, dessen Wort für uns Jüngere insbesondere geistliche Autorität besaß." (Zeit, den schmalen Weg zu gehen, S. 216). Viele Vikare lehnten die DC-Vikarsausbildung in Preetz, die Prüfung im DC-Kirchenamt Kiel und die Ordination durch den DC-Landesbischof Paulsen ab.
Die BK versuchte zunächst, durch Gemeinde-Vikariate bei BK-Pastoren und Kursangebote in Bistensee und in Breklum die Vikarsausbildung selbst durchzuführen. Die Landeskirche reagierte: "Der Präsident des Landeskirchenamtes, von Heintze, verfügte am 24. Juli, unmittelbar nach der Bekenntnissynode in Kiel 1935, die Streichung jener 34 Vikare aus der Liste der Ausbildungskandidaten und den Entzug aller damit verbundenen Rechte." (Reumann S. 219)
Die Prüfung zum 2. theologischen Examen und die Ordination wurde mit den Kirchen in Hannover und Bayern durchgeführt, und die Hilfsgeistlichen wurden durch die BK angestellt. Die BK führte dazu eine Selbstbesteuerung der BK-Pastoren ein von 10 % des mtl. Gehalts, verwaltet durch Pastor Prehn. Das reichte aber nicht, um das Problem zu lösen. Von Halbjahr zu Halbjahr wuchs die Zahl. Im Bericht der 2. BK-Synode vom August 1936 lesen wir, "dem Landesbruderrat der BK unterstellten sich: ... 46 Hilfsgeistliche und Vikare, 56 Kandidaten und Studenten und damit die Mehrheit des Theologennachwuchses."
Halfmanns Urteil bestätigte sich: Der Zugang der jungen Theologen der BK zum Pfarramt musste gemeinsam mit Bischof und Kirchenamt der DC in Kiel gelöst werden. Institutionell gab es einen Zwang zur Kooperation und zum Kompromiss mit DC und Nazis, theologisch wurde kein Kompromiss vollzogen, Basis der theologischen Arbeit mit den Vikaren blieben die biblische Botschaft und die reformatorischen Bekenntnisse. Das zeigen seine Predigten und Vorträge.
Halfmann erreichte mit dem Kirchenamt einen Kompromiss zur Vikarsausbildung, zur Prüfung, Ordination und Anstellung für BK-Theologen. Und dieser erzielte Kompromiss blieb erhalten, als Halfmann Ende 1937 als Konsistorialrat abgesetzt wurde. Damit hat Halfmann entscheidend dazu beigetragen, dass in den für unsere Kirche schweren Jahren 1938 ff. unsere Gemeinden funktionsfähig blieben.
Jens-Hinrich Pörksen
Aus seinem Statement vom 25. August 2014, abgedruckt in: Karl Ludwig Kohlwage, Manfred Kamper, Jens-Hinrich Pörksen (Hrsg.): "Was vor Gott recht ist". Kirchenkampf und theologische Grundlegung für den Neuanfang der Kirche in Schleswig-Holstein nach 1945. Dokumentation einer Tagung in Breklum 2015. Zusammengestellt und bearbeitet von Rudolf Hinz und Simeon Schildt in Zusammenarbeit mit Peter Godzik, Johannes Jürgensen und Kurt Triebel, Husum: Matthiesen Verlag 2015, S. 305 f.